Japan – Zwischen Stille, Tradition und Crazyness

Japan ist wie eine zweite Haut, wie ein leichter Frühlingsmantel aus feinstem Stoff, der sich so gewohnt wie eine lieb gewonnene Kuscheldecke an einen schmiegt, und sich doch ungeheuer neuartig unbekannt anfühlt. Es vereinen sich die freche Kuriosität Berlins, die sinnliche Ästhetik Paris, die gediegene Lebendigkeit Londons, die verrückte Unerschöpflichkeit Singapurs wie in einem riesigen Schmelztiegel und formen doch eine vollkommen ungeahnte, von äußeren Einflüssen unberührte Welt.

Die riesige Insel, gefangen zwischen tektonischen Platten, ist nicht so futuristisch, wie man es sich vielleicht vorstellt. Sicherlich prägen das Stadtbild moderne architektonische Elemente. Fünf Ebenen, von der Fußgängerbrücke, über Busstraßenterassen bis hin zu schwebenden H-Bahnen hoch über den Köpfen, sind keine Seltenheit und lassen jeden Zugereisten innehalten und staunen. Unendliche Fensterrreihen, die bis in den Himmel ragen, verstecken sich im Schatten vor noch viel größeren, in der Sonne Silber und Blau glänzenden Artgenossen. Alt und Neu stehen manchmal widersprüchlich fremd nebeneinander. Dennoch lässt Ordnung, Achtsamkeit und uralte Tradition Japans Metropolen in sich ruhen. Müll ist genauso wenig auszumachen wie Verkehr. Japans Städtelandschaft vereint stets eine stille Zeitlosigkeit und verspricht dennoch pulsierende, weltfremde und vollkommen skurrile Momente, ohne ihre ganz persönliche Eigenart zu verlieren.

An dieser Stelle entscheidet der Reisende, ob er faszinierter Beobachter bleibt oder sich vollends auf diese Welt einlässt und eintaucht.

  • Japaner haben in ihrer eigensinnigen (und das meine ich positiv) Weltanschauung die kuriosesten Alttagsprinzipien und Annhemlichkeiten entwickelt, die sich ein Westler (nicht) ausmalen könnte.
  • Japaner “saugen” den Parkettboden mit einer verlängerten Fusselrolle – eine ziemmlich effektive Methode, sofern man keinen Teppich hat.
  • Ganz Business-Tokyo trägt blau, grau oder schwarz und eilt schweigend auf scheinbar ausgetretenen Spuren durch die Bahnhöfe. Unsere Klamotten wirken nun irgendwie gewagt. Rüssel-an-Schanz ist ein Konzept, dass dem effizienzliebenden Deutschen entgegenkommt.
  • In Japan ist ALLES beeindruckend sauber.
  • Penner nennt man hier eher liebevoll Landstreicher. Sie tragen Pollunder und Hemd. Hübsche Katzen säumen ihre Bügelfaltenhose.
  • Ohne Mundschutz fällt man irgendwie auf.
  • Japanisch klingt irgendwie, als wenn Entenbabys niedlich quaken…
  • Japan besitzt die erste Rolltreppe mit einem horizontalen Rollbandstück in der Mitte.
  • Auf den Straßen fahren kaum Autos. Alle sind in der Bahn oder mit dem Rad unterwegs. Eine gespenstisch leise Metropole.
  • Es gibt kaum öffentliche Mülleimer. Verwunderlich, wenn man das Vepackungsbedürfnis der Einheimischen beobachtet.
  • In öffentliche Toiletten könnte man hier glatt einziehen. Futuristisches, Spa mit allen technischen Rafinessen ausgestattet!
  • Im größten Elektro-Store Japans (Kabelkram auf zehn endlosen und vollkommen überfüllten Etagen) dudelt ,Glory halleluja’ in Endlosschleife.
  • Maiden Cafés meiden wir nun eher. Eine pinke, kreischig kitschige Geburtstagssahnetorten-Welt mit lebenden absurd sexistischen Mangafiguren mit Piepsestimmchen sind uns den Kuchen dann doch nicht  wert.
  • Unter Kuchenteilchen vom Bäcker werden kleine Kühlakkus-to-go gelegt. Kann sich als durchaus praktisch erweisen.
  • Stressige Fotoboxen hetzen per Timer durch die Bildbearbeitung. Ergebnisse sind erfrischend unecht.
  • Wer sein Gehör nicht längst in den Gassen des Akihabara Distrikts verloren hat, traut sich in eine japanische Spielhölle (Pachinco). Ein Core Metal Konzert ist dagegen ein Snoezelen-Raum.
  • Achtsamkeit, Sorgfalt und Bescheidenheit sind japanische Tugenden.
  • Einen entspannten Tag in einem Onsen (japanische Sauna) ist ein Muss.
  • Es gibt sowohl ein Anti-Schlupfaugen-Drückgerät als auch ein Stupsnasen-Ziehgerät. Bei Interesse werden Beweisfotos vorgelegt.
  • Hochzeitsfotos vor Tempeln sind keine Seltenheit. Zwei Fotografen und mindestens sieben Assistenten zuppeln für das perfekte Bild an Braut und Bräutigam herum. Wirkte irgendwie stressig.
  • Die Liebe steckt in jedem (!) Detail.
  • Die Größe japanischer Wohnungen gleicht deutschen Garagen. Trotzdem sehr hübsch und oft mehr stilvoll eingerichtet.
  • In den Bergen Kanazawas kann man Eier im Vulkanwasser garen und essen. Lecker!
  • Die Kunst des Blumenarrangements werden Westler in Jahrzehnten Studium wohl nicht nachvollziehen können.
  • Die Kirschblüte in Japan ist wunderschön und gerade mal zwei Wochen lang zu bewundern. Glück gehabt 🙂
  • Tempel und Schreine zählt man vor allem in Kyoto vergeblich. Ein unendliches Unterfangen!
  • Züge laufen auf die Sekunde pünktlich ein und fahren locker 300km/h. Vor allem wenn man versehentlich (schwarz) in der schnellsten Klasse sitzt, die Japan zu bieten hat. Ups! – aber geil.
  • Soundpalette an Bahnhöfen: Zwitschern, schnarren, klingeln, gongen, trällern, schrillen, piepsen, Glockenspiel, Lautsprecherdurchsagen, Walt-Disney’s It’s a small world – und niemand spricht!
  • Bahnfahren fühlt sich an, als gleite man durch die Landschaft der Modelleisenbahn, die man mal mit Papa gebastelt hat.
  • Geduldiges und ordnungsgemäßes Anstellen in Warteschlangen gehört zur Etikette.
  • Husten, Röcheln, Räuspern, Grunzen, Niesen, Piepsniesen (wie Mäuse) übertreffen nur noch die Chinesen.
  • Handys sind auf stumm geschaltet.
  • In der Bahn schweigt man höflich.
  • Rückenlehnen der Bahnsitze kann man umschwingen, so dass man auf Hin- und Rückweg vorwärts sitzen kann. Genial!
  • Japan ist einfach wunderschön!
  • Tokyo ist der Wahnsinn!
  • Kyoto ist ein Traum!
  • Hiroshima ist wirklich gruselig – aber unbedingt lohnenswert.

Ach ja, wir kommen auf jeden Fall wieder. Bevor nun aber der nächste Post getippt wird, vorerst noch einmal einen Schritt zurück in die jüngere Vergangenheit, wo wir liebevoll von Johannes und Nina verpflegt worden sind und eine kleine homebase hatten. Danke für die kurze, aber sehr schöne Zeit. Singapur – Klappe die 2.

2 thoughts on “Japan – Zwischen Stille, Tradition und Crazyness

  • Arul Dinesh Kumar 2016-05-27 at 02:09

    nice dennis and annika !

  • Carsten 2016-06-10 at 09:11

    Hey Ihr zwei…Toll geschrieben … Hoffe Ihr habt noch tolle Erlebnisse …. Soll Euch von Maya ganz lieb grüßen!

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