Myanmar – oder wie viele Kühe gehen in ein Tuk Tuk

… diese und andere weltbewegende Fragen gehen einem Langzeitreisenden schonmal durch den Kopf. Und die Antwort ist naheliegend.

Yangon

Auf einem ruppigen Flug werden wir mit zweitägigen Zwischenstopp in Bangkok in Yangon eingeflogen. Die Einreise läuft unproblematisch und die schwüle Hitze empfängt uns vor dem Flughafeneingang. (Über)mutig laufen wir die 1,5 Kilometer, um den öffentlichen Busstop zu erreichen. Im Portemonnaie machen sich solche Ideen immer bezahlt, doch scheltet man sich in manchen Augenblicken kurzzeitig für die stupide Entscheidung durch die stickige Mittagshitze auf den verkrüppelten Bürgersteigen Asiens zu wandeln. Dann heißt es immer Zähne zusammenbeißen. In einem fenster- und türlosen Klapperbus heizen wir eingepfercht zwischen schwitzenden Locals Richtung Yangon. Der stockende Verkehr lässt uns auf der Sonnenseite des Buses beinahe zerfließen und wir atmen durch, als wir unser Hostel zwischen zwei vor Dreck strotzenden Straßenläden entdecken. Zwischen Planen und Eisenstangen zwängen wir uns hinter die provisorischen Stände und gelangen über eine schmale Betontreppe in die erste Etage des Gebäudes. Unsere Rucksäcke schieben sich so gerade noch zwischen Geländer und Wand und die Kakerlaken machen freundlicherweise Platz und huschen in ihre dunklen Nischen.

Die Rezeption – eine in Neonlicht getauchte Erscheinung – schicke Glühbirnen im New York Style baumeln freischwebend über dem modernen Laptop und freundliche Gesichter heißen uns vor grasgrün getünchter Wand in klimatisierter Kühle willkommen. Was willse mehr? Noch nen Schlückchen Cola und die Sache ist ne runde Nummer. Welcome to Yangon.

Trotz Müdigkeit und Regenzeit erkunden wir die Stadt, die vom Bus aus wie ein Wimmelbuch erschien. Die engen Straßen sind gesäumt von Straßenständen, die von Elektrozubehör bis Dragonfruit alles aufzubieten haben. Heimliche Augenpaare folgen uns auf unserem Spaziergang und doch wird jedes Lächeln sofort erwidert. Den Dreck in der Stadt kann man kaum verschweigen, er starrt aus allen Ecken und Löchern oder klebt lästig unter unseren Schuhen und Füßen. So bilden die zwiebelförmigen, goldenen Tempel und die riesige Parkanlage mit ihren umliegenden Kolonialbauten einen verblüffenden Kontrast und wir blicken geradezu zwischen zwei Welten hin und her und versuchen das widersprüchliche Puzzle zusammenzusetzen.

Zwei wirklich witzige Begebenheiten sollen sich noch ereignen und wir schaffen es eine Freundin, die wir 2008 in Salamanca kennengelernt haben, zu treffen. Die Welt ist manchmal winzig. Filmemacherin aus Österreich trifft verrückte Weltreisende – eine bereichernde Mische. Wie der Zufall es so will, erhalten wir Mitte Mai eine Geburtstagseinladung aus Myanmar und so wirbeln wir unseren Reiseplan einmal kräftig durcheinander. Pünktlich stehen wir für eine lustige Pancake-Tango-Bowle-Party auf der Matte und feiern mit Darko und ein paar sehr netten Gesellen aus aller Welt.

Bagan

Bagan gleicht einer goldenen Traumwelt im staubig trockenen Nichts. Vollkommen isoliert strotzt das kleine Dörfchen der Einsamkeit und lockt Reisende mit der schier unendlichen Anzahl von funkelnden Stupas und Tempeln. Bröckelnde Fassaden und unzählige Anstriche tun der Einzigartigkeit dieses Wunders keinen Abbruch und es ist dem Besucher gar gestattet barfuß die vielen Burgen zu erklimmen. Wie Könige herrschen wir über unsere selbstgewählte mittelgroße Stupa und starren in die wilde Ferne.

Ein sandiger Feldweg führt uns schnurstracks zu den pyramidenartigen Bauten. Wir verstecken das Moped in den dornigen Büschen rechts und links des Weges und erobern einen Steinkoloss nach dem anderen. Das berühmte Bild von Bagans Landschaft aus der Vogelperspektive brennt sich in unsere Erinnerungen ein. Die Sicht reicht bis an den Rand der Welt – vielleicht auch darüber hinaus. Ein diesig goldblasser Schleier, der über Allem liegt, lässt uns die unglaubliche Mystik des Landes aufsaugen und unvergessen machen.

Inle Lake

Tatsache: 3! Beim Überholvorgang des Buses ziehen wir an einem kleinen Tuk Tuk vorbei. Mein Blick schweift bereits ab, als ich comicartig die Augen aufreiße, mich eines zweiten Blickes vergewissere – nun mit offenem Mund – drei Kühe auf der winzigen Ladefläche eines mobilen Dreirads nicht übersehen kann. Somit klären sich auch ungelöste letzte Fragen eines Reisenden. Eine wendet sich uns freundlich, vielleicht auch etwas verwirrt zu. Ihre Ohren flattern leicht im Gegenwind. Ein Bild für die Götter und ein willkommener Lacher auf der zehnstündigen Fahrt durch Myanmars hügeliges Inland. Wir sind auf dem Weg zum Inle Lake, ein vielgelobtes Reise-Muss. Wir sind gespannt und nicht minder skeptisch. Entpuppen sich diese Orte doch zu oft als Reinfall. So viel kann ich vorwegnehmen: Der Inle Lake ist ein gigantischer, beeindruckender See, dessen wildes Seegras hier und da mit hübschen blauen Blumen gespickt ist. Spitze Motorboote transportieren Einheimische und Touristen gleichfalls von A nach B. Lustig, wie vor allem die rotgekleideten Mönche einen Heidenspaß daran entwickeln uns zuzuwinken. Ihr Lachen ist ansteckend und wir winken jedem bis an den Rand vollgestopften Bootes artig zurück. Der Wind wirbelt in unseren Haaren und nimmt der sengenden Hitze ein wenig die Kraft. Wir sind froh auf dem Wasser und der krassen Wärme so entflohen zu sein. Durch schmale, grasbewachsene Wasserkanäle manövriert der Bootsfahrer das lange Boot zu kleinen Anlegern und wir werden Zeuge von eifrigen Zigarrenrollern, Silberschmieden und Weberinnen, die an lauten Webstühlen Schals aus Lotusgarn entspringen lassen. Die Einladung zu einer der berühmten Zigarren des Landes lassen wir uns nicht entgehen und so finden wir uns in einer kleinen Runde sitzend mit dem emsigen Verkäufer wieder, der seinen Frauen anspornt weiterzurollen.

Der typische Monsunregen lugte schon um die Mittagszeit warnend hinter den Bergen, die das Tal um den See umgeben, hervor. Diese Begebenheit hat Dennis so beeindruckt, dass er sich doch glatt auch mal zu Wort melden muss. Man lese:

♪♫ „Wir fahren übern See, übern See, wir fahren übern See“ ♫♪, so oder so ähnlich war die Idee auf der Rückfahrt. Nicht gerechnet hatten wir mit dem Monsun-Regen, der uns direkt nach Abfahrt überraschte. Super. Ohne Dach und nur geschützt mit einem 10cm² Regenschirm bei strömenden Tropen-Regen und peitschendem Wind plus Fahrtwind des Bootes. Auf der Mitte des Sees raucht der Motor ab, vielmehr explodiert. Toll. Regen und Wind lachen uns in Gesicht. Klaus-Dieter, unser Fahrer (heißt wahrscheinlich nicht so) ist sehr entgegenkommend und erklärt uns nach minutenlanger Stille Folgendes: „ငါမော်တာပြုပြင်ဖို့ကြိုးစားပါလိမ့်မယ်”. Nicht so hilfreich im Allgemeinen. Die Wellen werden höher und alle anderen Boote ziehen zielstrebig an uns vorbei. Die Regenschirme dienen als Impro-Segel und lassen uns noch weiter auf den See treiben. Unser Fahrer sagt „ငါသည်ငါ့မိတျဆှေချေါပါမညျ”. Immerhin.

Glücklicherweise hat Anni eine rettende Idee: Erstmal ein Snickers essen. Nachdem der Hunger gestillt ist, sieht man in der Ferne endlich ein Boot Kurs auf uns nehmen. Klaus-Dieter hat anscheinend einen Freund angerufen, um uns abzuholen. Für nächstes Mal Südostasien lernen wir Burmesisch.

Mandalay

Mandalay ist die reinste Lachnummer und wir ärgern uns (fast), dass wir den Weg auf uns genommen haben. Immerhin bringt uns der nahliegende Flughafen unserem nächsten Ziel näher. Ansonsten – die schönen Zeiten hat Mandalay längst hinter sich gebracht und so täuscht die älteste Holzbrücke der Welt nicht darüber hinweg, dass dieser Ort doch einer Rundumerneuerung bedarf. Der Weg ist wie immer das Ziel und so versuchen wir alle umliegenden Orte wie Locals zu erkunden, was uns unter Anderem einen lustigen Ladeflächen Hitch-Hike und einen vollbesetzen, mit plärrender Musik beschallten Bus einbringt. Amüsant und absolut erstrebenswert.